Der evangelische Wohlfahrtsverband stellt sich vor

Die Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband ist die Dachorganisation der Diakonie in Deutschland. Als evangelischer Wohlfahrtsverband ist sie der soziale Dienst der Kirchen. Sie vertritt als einer der größten Wohlfahrtsverbände die Interessen der Menschen, für die ihre Dienste und Einrichtungen tätig sind. Dies geschieht gegenüber Parlament und Regierung sowie in der Öffentlichkeit. Zudem setzt sich die Diakonie bei in- und ausländischen Organisationen und gegenüber der Europäischen Union für sie ein.

„Wir sind dort, wo Menschen uns brauchen“. Dies ist einer der Grundsätze im Leitbild der Diakonie.

Zur Diakonie Deutschland gehören 19 Landesverbände, das sind die Diakonischen Werke der Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland. Weiter zählen dazu 69 Fachverbände, die in unterschiedlichen Bereichen der sozialen Arbeit, des Gesundheitswesens und der Jugend- und Erziehungshilfe tätig sind sowie die neun in der Diakonischen Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Freikirchen mit ihren diakonischen Einrichtungen.

Die Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband bildet gemeinsam mit Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung. Dessen oberstes Organ ist die Konferenz Diakonie und Entwicklung. Der Aufsichtsrat begleitet die Arbeit des Vorstandes bzw. des Werkes. In ihrer Arbeit wird die Diakonie Deutschland unterstützt durch den Ausschuss Diakonie. Die Arbeit von Brot für die Welt begleitet der Ausschuss Entwicklungsdienst und humanitäre Hilfe.

„Jede Arbeit soll zuerst mit dem Herzen, dann mit den Händen oder mit der Zunge geschehen.“ (Johann Hinrich Wichern)

Die Geschichte
Geburtsstunde der organisierten Diakonie ist das Revolutionsjahr 1848. Eine Zeit, in der Armut und soziale Not infolge von wachsender Bevölkerung, beginnender Industrialisierung, Landflucht und gescheiterter Reform rasant zunahmen.  Auf dem ersten evangelischen Kirchentag in Wittenberg wurde der „Central-Ausschuss für die Innere Mission der Deutschen Evangelischen Kirche“ ins Leben gerufen, die Vorläuferorganisation des heutigen Diakonischen Werks der EKD.

Treibende Kraft dahinter war der Theologe Johann Hinrich Wichern (1808-1881), der im selben Jahr in Hamburg die erste deutsche Stadtmission gegründet hatte.Sein Grundgedanke: Helfen aus christlicher Verantwortung. Seit 1833 leitete er das „Rauhe Haus“ in Hamburg, ein so genanntes Rettungshaus für gefährdete Kinder und Jugendliche, das als Vorreiter der modernen Heimerziehung gilt. Wichern wollte, dass „alles von allen und jeder von jedem beaufsichtigt wird“, wie er in seinem fünften Jahresbericht im Jahr 1839 schreibt.

Nach dem Vorbild einer Familie wohnten hier jeweils zwölf Kinder mit ihren Betreuern in eigenen kleinen Häusern zusammen. Gleichzeitig war das Rauhe Haus auch Ausbildungsstätte für Diakone. Die Bezeichnung „Diakon“ kommt bereits in der Bibel vor und leitet sich vom Oberbegriff „Diakonie“ ab. Im Neuen Testament steht sie für den „Dienst“ der Gemeinde an dem hilfsbedürftigen Nächsten.

Aufgabe des Diakons ist die Sorge um die Armen in der Gemeinde. Diakonissen waren das weibliche Pendant dazu. Seit jeher war Armenpflege also Bestandteil christlicher Gemeinden. Neu war jetzt aber die gezielt sozialpädagogische Ausbildung, womit der Grundstein für die moderne professionelle Sozialarbeit gelegt wurde.

Mit dem Central-Ausschuss wurde der gemeinsame überregionale organisatorische Rahmen geschaffen. Überall in Deutschland entstanden seit 1848 regionale und lokale Zusammenschlüsse der Inneren Mission, ein Netzwerk aus Vereinen und Verbänden, die beispielsweise evangelische Krankenhäuser, Pflegeheime und Stadtmissionen gründeten. Eine dieser großen Einrichtungen war Bethel, die „Rheinisch-Westfälische Anstalt für Epileptische“, die Friedrich von Bodelschwingh (1831-1910) von 1872 bis zu seinem Tod leitete. Mit ihm wuchs die Anstalt – von 25 Epileptischen auf eine 4.000. Bewohner-Siedlung mit eigenen landwirtschaftlichen und handwerklichen Betrieben, in denen auch die Patienten beschäftigt waren – ein wegweisendes Modell für zahlreiche ähnliche Einrichtungen im In- und Ausland.

Mit rund 20.000 Plätzen für behinderte, kranke und sozial schwache Menschen und 15.300 Mitarbeitern gilt Bethel heute als das größte diakonische Unternehmen in Europa. Im Kaiserreich und vor allem in der Weimarer Republik beteiligte sich die Diakonie stark am Aufbau des deutschen Sozialstaats. Als Verband der Freien Wohlfahrtspflege bildet die Diakonie seither eine wesentliche Säule unseres Sozialsystems, das gleichermaßen aus freien und öffentlichen Trägern besteht.
1933 begannen die Nationalsozialisten, die Wohlfahrtsverbände gleichzuschalten. Infolge des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ wurden auch in diakonischen Einrichtungen zahlreiche Sterilisationen durchgeführt.

Nach Kriegsbeginn ging der NS-Staat systematisch dazu über, behinderte und psychisch kranke Menschen zu töten. Dieser angeblichen „Euthanasie“ fielen auch Tausende Patienten aus evangelischen Einrichtungen zum Opfer. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1945 das Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland gegründet. Das Hilfswerk verteilte zunächst Hilfssendungen, die von Partner-Kirchen im Ausland nach Deutschland kamen. Kriegsheimkehrer, Vertriebene und Flüchtlinge wurden in Lagern betreut und bei der Integration unterstützt.

1957 schlossen sich Centralausschuss und Hilfswerk unter dem Namen „Innere Mission und Hilfswerk der EKD“ zusammen. Durch die Gründung des „Diakonischen Werkes der EKD e .V.“ im Jahre 1975 wurde das Hilfswerk der EKD formal aufgelöst. Trotz staatlicher Beschränkungen konnte die Diakonie auch in der DDR in wesentlichem Umfang wirksam sein. Seit 1991 sind ost- und westdeutsche Diakonie organisatorisch wieder vereint.