Riga – Das Leben in Lettland ist teuer. Nach oben ragen dabei vor allem die Kosten für Lebensmittel und Wohnraum heraus. Dies ist insbesondere auch für Rentner und Menschen mit Behinderungen ein Problem. Sozialer Wohnungsbau soll Abhilfe schaffen, jedoch sind die Wartelisten lang.
In Riga müssen Menschen mit Behinderungen und Sozialrentner bis zu 18 Jahre auf eine eigene Wohnung warten. Zuvor hatten sie ihre Wohnungen möglicherweise verloren, weil sich im Zuge der lettischen Unabhängigkeit Besitzverhältnisse geändert hatten oder sie in Zimmern ohne Küche und Toilette, oft gemeinsam mit einer anderen Familie, in einer Wohnung lebten. Bezahlbarer Wohnraum ist in Riga bisweilen so knapp, das sich gleich drei bis fünf Familien eine Wohnung teilen müssen.
Inita Jurzane (34) hatte so gesehen Glück. Die seit Geburt schwer körperbehinderte junge Frau stand auf Platz 3.000 der Warteliste, und konnte nach nur drei Jahren im letzten Oktober in ein nagelneues Appartment an der Imantas 8. Linija ziehen. „Klein, fein, aber mein“, sagt Inita, und betont, dass mit dem Umzug ihr Leben eine völlig neue Qualität bekommen hätte. „In jeder Beziehung“, ergänzt sie. Neben den wesentlich besseren Wohnverhältnissen sei auch die medizinische und soziale Betreuung in der neuen Siedlung dafür verantwortlich gewesen. Bereits nach wenigen Wochen konnte sie daher ihren Rollstuhl verlassen und kommt jetzt mit einem Rollator klar. Täglich besucht sie jetzt das diakonische Tageszentrum, das neben einer kleiner Poliklinik und dem städtischen Sozialamt ebenfalls in der Siedlung untergebracht ist. Inzwischen ist sie in der Tagesstation aber nicht nur Besucher und nutzt dort die Möglichkeiten zur physischen und sozialen Rehabilitation, sondern engagiert sich dort selbst ehrenamtlich. Inita gibt Deutsch und Englisch-Unterricht, beide Sprachen beherrscht sie exzellent, und kümmert sich um Menschen, „denen es schlechter geht als mir.“
30 bis 50 Menschen besuchen das Tageszentrum mit dem Namen „Mes“ täglich. Sozialpädagogen, Pädagogen, Sportlehrer und eine medizinische Masseurin kümmern sich dort um die Probleme der Menschen, von denen die meisten in den 289 Appartments der Siedlung wohnen. Das Angebot ist vielfältig. Zusätzlich wird einmal in der Woche kostenlos Suppe ausgegeben und einmal im Monat wird die Kleiderkammer geöffnet. Die Menschen sind drauf angewiesen. Inita zum Beispiel hat eine Rente von rund 60,- Euro und muss davon rund 40,- Euro Miete zahlen. Kaum jemanden in der Siedlung geht es besser.
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