Vyziai – Rund sechzig Kilometer südöstlich der litauischen Hafenstadt Klaipeda liegt Vyziai. Unweit der Memel gelegen, die dort auch die Grenze zum russischen Oblast Kaliningrad markiert, wurde in dem kleinen Ort vor wenigen Jahren das Drogenentwöhnungszentrum „Gabrielius“ aufgebaut. Getragen wird die Anlage vom litauischen Diakonie-Landesverband unter der Leitung von Pastor Mindaugas Kairys.
Eigentlich ist Vyziai kein richtiger Ort mehr. Eher eine Aussiedlung der Stadt Juknaiciai, die sich auf der östlichen Seite der Kreisstraße 141 ausbreitet. Vyziai besteht im Wesentlichen aus ein paar Betrieben und einer bemerkenswerten „grünen“ Insel inmitten landwirtschaftlicher Flächen.
Die baumumstandene „Insel“ ist die frühere Kirchengemeinde von Vyziai, deren Kirche noch immer weithin sichtbar ist. Die Kirche spielt jedoch bezogen auf die Gemeinde nur noch eine Nebenrolle, anders als das direkt daneben liegende ehemalige Gemeindehaus. Dort wurde erst vor wenigen Jahren eine Rehabilitationseinrichtung für drogenabhängige Männer eingerichtet, die erste Einrichtung dieser Art in Litauen.
2007 war das ehemalige Gemeindehaus jedoch eine bauffällige Ruine, und die ersten drei Patienten mussten sich damals quasi ihre „Betten“ selber bauen. „Mit drei Patienten haben wir angefangen“, erzählt Pastor Mindaugas Kairys, der neben seiner Tätigkeit als Gemeindepastor von Jurbarkas auch Leiter des diakonischen Landesverbands in Litauen und damit Gründer dieser Rehabilitations-Einrichtung ist.
Inzwischen werden in Vyziai 14 Männer betreut, die zum größten Teil auf langjährige Drogenkarrieren zurückblicken können. Geleitet wird die Einrichtung von dem studierten Theologen und Historiker Valdas Miliauskas, der zusammen mit einigen Mitarbeitern, darunter Psychologen und Sozialpädagogen, und Patienten auch den weiteren Ausbau von „Gabrielius“ voran treibt. Gefördert wird „Gabrielus“ vom Diakonischen Werk Schleswig-Holstein, dem Gustav-Adolf-Werk, der „Aktion Mensch“ und als besonderer Partner wird von Mindaugas Kairys der Schäferhof im schleswig-holsteinischen Appen bezeichnet.
Rund 30 Prozent der Bewohner bleiben auf Dauer „clean“, welcher Droge auch immer sie zuvor verfallen waren. Eine Mehrheit fällt jedoch wieder in alte Drogenabhängigkeiten zurück. Für „Gabrielius“-Chef Valdas Miliauskas hat dies vor allem mit den schwierigen Lebensumständen in Litauen zu tun. „Es gibt kaum Jobs und teilweise sind unsere Bewohner hoch verschuldet. Und gerade die Altschulden lassen unsere Patienten kaum wieder in die Gesellschaft zurückkehren“, so Miliauskas.
Oft werden die Patienten von den litauischen Strafvollzugsbehörden zugewiesen, viele kommen aber auch freiwillig. Rund eineinhalb Jahre bleiben die Männer in Vyziai, erfahren dort eine umfassende Therapie, die sich in fünf Phasen gliedert.
Eine große Unterstützung der Therapie ist die Lage von „Gabrielius“ in schöner Natur, und die Möglichkeit sich im Freien betätigen zu können. „Jedenfalls im Sommer“, so Valdas Miliauskas.
Keine Frage, es gibt noch viel zu tun, bis „Gabrielius“ baulich einen Standard erreicht hat, wie wir ihn von Deutschland gewohnt sind. Aber der therapeutische Ansatz und auch das Ergebnis hält bereits jetzt jedem internationalen Vergleich stand. whe
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